Wer mit offenen Augen durch die Innenstadt geht, sieht an jeder Ecke Bedürftigkeit. Vor allem Kinder beobachten Menschen, die auf der Straße sitzen und um Geld bitten. Auch Demonstrationen gegen Massentierhaltung und für Klimaschutz werden genau verfolgt. Die Fotos auf den Plakaten rütteln auf. Meine Kinder stellen mir dann viele Fragen, wie Menschen so etwas tun können. Und ich frage mich, wie wir angesichts des Zustandes der Welt einfach nichts machen.
In dem Moment sind wir schockiert. Dann müssen wir noch schnell den Wocheneinkauf erledigen und die neuen Herbstsschuhe probieren. Schnell vergessen wir wieder auf dieses Gefühl. Doch wie können wir unseren Kindern langfristig vermitteln, dass wir helfen können und sollen? Und dass es gut ist, dass sie etwas von ihrem Geld für Bedürftige spenden oder sich für einen gemeinnützigen Zweck einsetzen?
Geld bedeutet Macht, die Macht etwas zu verbessern für andere.
Wir müssen aber nicht nur unser Erspartes einsetzen, auch unsere Zeit und Arbeitskraft werden sehr benötigt. Dadurch erfahren wir unmittelbar, welche große Unterstützung wir für andere sein können. Kaum etwas stärkt das Selbstbewusstsein so sehr und macht glücklich.
Folgend gebe ich euch neun Anregungen, wie ihr das mit euren Kindern umsetzen könnt:
Vor Weihnachten und Geburtstagen gemeinsam Spielzeug aussortieren und spenden.
Türmt sich bei euch im Kinderzimmer das Spielzeug? Passt kaum noch etwas in den Schrank und Weihnachten steht vor der Tür? Vor großen Ereignissen, die Omas und Opas schon herbeisehnen, um ihren Enkeln wieder mit neuen Geschenken zu überhäufen, sortiere ich mit meinen Kindern alte Spielsachen aus und spende diese. Das Spielzeug muss natürlich noch vollständig und funktionsfähig sein. Es ist besonders wichtig, das gemeinsam mit den Kindern zu machen. Nur wenn sie mitentscheiden können, ist unser Nachwuchs auch bereit, etwas abzugeben. Am besten dann die Spielsachen gemeinsam mit den Kleinen zu der gemeinnützigen Organisation bringen und sehen, wie sich andere darüber freuen.
Toller Nebeneffekt: Ihr spart auch wertvollen Platz in der Wohnung und müsst nicht neue Schränke kaufen, um alles unterzubringen.
Extra Sparbüchse für Spenden.
Bastelt mit euren Kindern gleich drei Sparbüchsen für Geldgeschenke: Eine für großes Spielzeug, auf das sie sparen müssen. Eine für spontane, kleine Käufe. Eine für Spenden. Ihr müsst das Geld nicht gleichmäßig aufteilen. Die Hälfte der Geldgeschenke sparen und ca. jeden zehnten Euro spenden sind ganz gute Richtwerte. In regelmäßigen Abständen bestimmt ihr dann gemeinsam, an welche Organisation ihr spenden möchtet. Vielleicht bewegt euer Kind gerade ein Thema sehr. Das ist ein guter Anlass, eine Geldspende zu tätigen.
Demonstrieren gehen.
Eine großartige Möglichkeit, sich schon mit den Kleinsten sozial zu engagieren. Beobachtet die Aushänge in eurer Stadt und setzt euch ein für mehr Radfahrer auf den Straßen, gegen Massentierhaltung, für mehr Toleranz,…Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Und für unsere Kinder ist das ein großes Abenteuer.
Direkte Spenden an Obdachlose.
Dieses Thema ist umstritten. Soll man Obdachlosen oder Straßenmusikanten überhaupt Geld spenden? Müssen die das nicht sowieso gleich organisierten Banden weitergeben? Und überhaupt: Manche betteln auch zu aufdringlich. Ich würde sagen: macht es abhängig von eurer Stimmung. Wenn ihr den Menschen sympathisch findet, dann gebt euren Kindern etwas Kleingeld und lasst sie spenden. Das unmittelbare Feedback ist viel wert. Wenn ihr prinzipiell dagegen seid, kauft vielleicht die Zeitschriften, die von Obdachlosen gestaltet werden.
Lokale Organisationen unterstützen.
In eurem Ort, in der Nachbarschaft eurer Stadt, in eurem Straßenzug gibt es bestimmt schon gemeinnützige Organisationen. Hier lohnt es sich, mitzumachen, in vielerlei Hinsicht. Ihr lernt voneinander, knüpft Kontakte und lebt euren Kindern vor, wie wichtig Nachbarschaft ist. Mir fällt da zum Beispiel das Repair Cafe in unserer Straße ein, das einmal im Monat geöffnet hat. Wie begeistert mein Junge war, als er einen Milchschäumer reparieren und mit nach Hause nehmen durfte!
Einander helfen im Alltag.
Vor allem in den ersten Lebensjahren sind wir die großen Vorbilder für unsere Kinder. Das kann ganz schön anstrengend sein. Schließlich fühlen wir uns nicht immer danach, ein Vorbild zu sein. Vielleicht hilft es euch zu wissen, dass nicht immer nur die großen Gesten zählen. Auch kleine Gesten der Hilfsbereitschaft werden von unseren Kindern registriert: Türen aufhalten, den Stock aus dem Vorgarten der älteren Nachbarin räumen, Freundlichkeit und sich nur respektvoll äußern über Mitmenschen.
Mit den Kindern wählen gehen.
Ich komme aus Österreich und wähle auch dort. Wenn ich die Skandale der Vergangenheit verfolge, frage ich mich, wofür ich das überhaupt noch mache. Mir fallen dann nur meine Kinder ein. Für sie wähle ich eine Partei und hoffe, dass sich etwas ändert. Ich nehme sie mit am Wahlsonntag oder erkläre ihnen, was Briefwahl bedeutet. Solange ich noch eine Stimme habe, muss ich sie nutzen.
Nachhaltiges Leben und Einkaufen.
Plastik vermeiden, kein unnötiger Konsum, Ressourcen schonen. Mit einer nachhaltigen Lebensweise verbessern wir die Lebensbedingungen in den Produktionsländern und schützen unsere Umwelt. Unsere Kinder lernen, dass es nichts im Überfluss gibt und dass für billige Preise immer jemand bezahlen muss. Das ist schon unternehmerisches Wissen, was wir bei jedem Einkauf vermitteln. Gebrauchte Kleidung oder Spielzeug könnt ihr online verkaufen. Jemand anders freut sich bestimmt darüber.
Freunde, Familie und Nachbarn im Krankenhaus besuchen.
Zum Leben gehört die Krankheit und irgendwann vielleicht der Tod. Kinder interessieren sich dafür. Natürlich ist das kein leichtes Thema, aber muss es ein Tabu sein? Für unsere Familie haben wir entschieden: Nein. Wenn die Kinder mitdürfen, sind sie immer bei Krankenbesuchen dabei. Wir sprechen danach über das Erlebte. Ich hoffe, dass sie dadurch einen natürlichen Zugang finden und sehen, wie sehr man anderen helfen kann, indem man einfach nur da ist.
Habt ihr schon einmal an eine gemeinnützige Organisation gespendet? An welche denn?