Stell dir vor, du hast einen wichtigen Termin mit der Abteilungsleitung um 9:30 Uhr. Sollte eigentlich zu schaffen sein.
Deine kleine Tochter weigert sich jedoch standhaft beim Rausgehen, die Jacke anzuziehen.
„Draußen ist gar nicht so kalt!“, schreit sie.
Wohl bemerkt: Es ist Januar. Minus 5 Grad. Vielleicht steigt dein Puls gerade: „Das muss jetzt funktionieren!“ Tut es aber nicht. Eltern von kleinen Kindern wissen: Die Kleinen wollen alles, nur nicht funktionieren.
Diese oder ähnliche Situationen kennst du vielleicht. Oder du fragst dich: Kann ich in meinem Beruf überhaupt ein Kind bekommen, wenn die Vereinbarkeit mit der Familie und dem Beruf so schwierig ist?
Als derzeit voll berufstätige Mutter mit kleinen Kindern sehe ich viele Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gibt aber auch praktische Lösungen!
Bei vielen sind die Papas gefragt.
Natürlich ist es oft anstrengend, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Doch es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie es klappt. Denn ein abwechslungsreicher Alltag mit vielen Anforderungen kann auch sehr bereichernd sein. Hier möchte ich einige Wege aufzeigen.
1. Junge Väter und Mütter haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie öfter einmal ausfallen, sobald die Kleinen krank sind.
Oft kündigt sich die Krankheit von Kindern nicht an, und Termine müssen kurzfristig noch am selben Tag abgesagt werden.
Tipp: Bitte kein schlechtes Gewissen, das ist unbegründet. Kinder werden eben krank und zumeist verstehen das alle im Team – auch die Vorgesetzten.
Vom Gesetzgeber stehen uns 10 Tage pro Jahr zur Pflege eines Kindes zu Verfügung. Das Schöne daran: Diese Freistellung gilt auch für Väter, wenn die Mütter in Teilzeit arbeiten. Bitte nutzen! Dann wird es auch normaler, dass junge Väter kurzfristig ausfallen. Schließlich beschäftigt das Mütter und Kolleginnen oft, immer diejenige sein zu müssen, die nicht da ist.
Extratipp: Beim Kindergarten oder der Tagesbetreuung die Telefonnummer des Vaters und der Mutter angeben. Oft wird wie selbstverständlich die Mutter angerufen, falls das Kind krank wird.
Ist man zu Hause von der Arbeit, kommt es gut an, Bereitschaft zu signalisieren, liegen gelassenes zu erledigen und Telefonate durchzuführen, wenn das Kind mal schläft.
2. Der Haushalt wächst über den Kopf – vor allem, wenn beide Elternteile berufstätig sind.
Sind ein paar Familienmitglieder mehr zu versorgen, ist die Waschmaschine voll ausgelastet. Oft ist es nicht möglich, die ganze Wäsche nur am Wochenende zu erledigen. Aber gar noch abends eine Waschladung einwerfen? Was da wohl die Nachbarn sagen?
Auch ich bin ständig am Aufräumen der Kinderklamotten oder des ganzen Spielzeugs, das am Boden liegt.
Tipp: Das mit dem Haushalt kann nur mit genauer Planung und Arbeitsteilung klappen. Eine gesunde Einstellung, was wichtig ist und was nicht ist angesagt. Denn manche haben die Fotos von „Schöner Wohnen“ verinnerlicht und verzweifeln an der Praxis. Dabei soll es vor allem funktional soll. Es ist schon sinnvoll, das Geschirr abends zu spülen, damit morgens alles einsatzbereit ist. Aber warum eigentlich jeden Tag saugen?
3. Geschäftsreisen. Früher ohne Kinder kein Problem. Doch heute?
Ist ein Elternteil auf Geschäftsreise, bleiben Haushalt und Kinder an dem anderen hängen – zusätzlich zur Arbeit. Kommt der oder die Geschäftsreisende heim, ist das Chaos zu Hause groß.
Tipp: Bei vielen Geschäftsreisen ist es so, dass auch etwas Erholung möglich ist. Junge Mütter genießen schon die Anreise. Endlich allein für sich sein! Und dann erst eine Nacht ohne Störungen im Hotelbett: ein Traum! Vielleicht ist es möglich, diese Zeit bewusst zu genießen und mit mehr Energie wieder zu Hause zu helfen, wo Not am Mann ist.
Extratipp: Bei Freunden, Nachbarn oder nahen Verwandten um Hilfe fragen. Manchmal sind junge Mütter zu stolz dazu und denken, alles allein schaffen zu müssen. Vielleicht könnten Oma oder Opa zu Hause aushelfen? Was für eine Erleichterung wäre das!
4. Viele Kleinkinder schlafen nicht gut
Sogar Zwei- oder Dreijährige wachen noch regelmäßig nachts auf. Steht ein wichtiger Termin am nächsten Tag an, zehrt das an den Kräften.
Tipp: Eine Faustregel junger Eltern besagt, dass auf zwei schlechten Nächten eine gute Nacht folgt. Trotzdem ist es natürlich hart, mit Schlafentzug 100% zu leisten. Vielleicht kannst du dir denken: Was sind schon zwei oder drei Jahre, in denen vielleicht nicht alles jederzeit gegeben werden kann, über das gesamte Arbeitsleben gesehen? Das Wichtigste ist, dass Eltern und Kinder gesund bleiben.
5. Die Arbeitslast in Teilzeit wird oft nicht weniger. Es bleibt nur weniger am Lohnzettel.
Sehr viele Mütter oder Väter erleben die Teilzeit als sehr stressig, da die Arbeitslast im Vergleich zur Vollzeit nicht unbedingt weniger ist, sie haben nur weniger Zeit dafür. Dadurch beschleunigt sich der Arbeitsalltag zusehends, zu Hause ist jedoch keine Verschnaufpause möglich.
Tipp: Beim Vorgesetzten ansprechen, die Arbeitslast auch zu reduzieren, im besten Fall parallel zu den Arbeitsstunden. Das gleichzeitig ansprechen, wenn die Teilzeit vereinbart wird. Sonst geht der Arbeitnehmer wie selbstverständlich davon aus, dass das gleiche Pensum möglich ist wie vorher.
Bevor die Mutter oder der Vater nach der Arbeit zur Kita hetzt und das Kind abholt: Auf dem Weg zum Kind noch eine kleine Verschnaufpause einplanen. Je nach Belieben vielleicht einfach mal auf der Parkbank sitzen und in die Bäume gucken. Oder ein kleiner Espresso im Café gegenüber: Das lädt den Akku wieder auf und das Kind hat auch was von entspannteren Eltern.
6. Die Eingewöhnung in die Kita dauert mehrere Wochen.
Die Eingewöhnung in ein neues Umfeld und neue Betreuer wie bei einer Kita ist stets eine Herausforderung. Individuell vom Kind abhängig dauert sie 2 Wochen bis hin zu 4 oder mehr Wochen. Den Rhythmus gibt das Kind vor. Oft kann diese Zeit nicht voll mit Urlaub abgedeckt werden.
Tipp. Dem Elternteil, das die Eingewöhnung übernimmt, kann nur geraten werden: Nicht zu viel vornehmen die ersten 4 Wochen. So lange dauert eine Eingewöhnung bei fast allen Eltern. Pädagogen meinen, erst nach einem halben Jahr kann man bei den meisten Kindern sagen: Jetzt ist es eingewöhnt und fühlt sich wohl. Für die ersten Wochen ist eine Kombination aus Elternzeit und unbezahlten Urlaub anzuraten.
7. Zahlreiche Termine für die Kinder sind nur während der Arbeitszeit möglich.
Das beginnt schon bei den sinnvollen doch zahlreichen Untersuchungen beim Kinderarzt und geht weiter beim Augenarzt bis hin zum Zahnarzt. Zusätzlich zu den eigenen Arztterminen summiert sich das ganz schön, vor allem bei mehreren Kindern. Dafür haben Arbeitgeber ja oft noch Verständnis. Doch wenn die Kleinen auch schwimmen lernen oder in einem Verein Sport machen, dann ist es praktisch unmöglich, die Kinder während der Arbeitszeit zu den Kursen zu bringen.
Tipp: Bei manchen Jobs klappt es, nicht erledigtes am Abend abzuarbeiten. Wichtig ist auch, dass sich Väter und Mütter abwechseln bei den Terminen ihrer Kinder, damit nicht nur das Unternehmen eines Elternteils die Abwesenheit verkraften muss. Es entlastet einfach als Mutter oder Vater sehr, wenn diese wichtigen Termine auf zwei paar Schultern verteilt werden. Oft haben die nämlich ein schlechtes Gefühl gegenüber den Kollegen oder Vorgesetzten, wenn sie öfter fehlen.
Ganz schöne viele Beispiele und Tipps für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nur zu dem ersten Beispiel ist mir kein Tipp eingefallen. Jedes Kind lässt sich individuell dazu bewegen, sich anzuziehen und in die Kita zu gehen. Wie machst du das bei deinem Kind? Über dein Kommentar freue ich mich.